Sunday, 1 November 2009

Das Leben in der Unteroffiziersschule in Jauer: Okt. 1942 bis Mär. 1943

Wir waren schon ein paarmal auf dem Schießstand. Es wurde damals nur auf 12er Scheiben geschossen, in den ersten Wochen nur mit dem Karabiner. Der Schießstand war sechs Kilometer von Jauer weg. Auf dem Marsch dahin wurde Disziplin ersten Grades verlangt in der Marschordnung. Einige Marschlieder hat man uns schon beigebracht. Ganz besonders wenn wir durch die Stadt marschierten, stimmten unsere Vorgesetzten ein Lied an. Da sahen wir aber dann die Gardinen wackeln an den Fenstern der Häuser. Wenn der Gesang nicht klappte, was auch mal passierte, wurde das aber dann in der Freizeit geübt.

Weihnachten und über Neujahr des Jahres 1942 zu 1943 bekomme ich den ersten Urlaub. Als Unteroffiziersschüler im Range eines Grenadiers. Im "Sarasani", der Ausgehuniform, so wurde sie genannt, verbrachte ich etwa 10 Tage in der Heimat.

Unsere Kaserne hieß Gneisenau-Kaserne. Das Übungsgelände befand sich oft in den Nachbargemeinden von Jauer in Petrowitz und Altjauer. Es Nachübungen dagegen fanden sehr häufig im Bereich der einzelnen Berge des Katzbach-Gebirges statt, zum Teil mit Gewaltmarschen von 40-50 Km. Da kam es oft vor, daß einer oder der andere sich Blasen gelaufen hatten.

Zum Ausgang durften wir am Anfang nicht allein gehen. Damit keiner auffiel, hatte man uns das Grüßen durch eine Ehrenbezeugung der Vorgesetzten oder auch fremder Offiziere und Unteroffiziere ordentlich beigebracht. Hauptsächlich verkehrten wir zum Ausgang im Café Lindner, dem Goldberger Hof und dem Striegauer Hof, sowie dem Lokal Prinz Heinrich, unsere Kartoffelsalat-Gaststätte.

Unser Mittagessen in der Kaserne war nicht schlecht und auch reichlich. Eingenommen wurde die Mittagsmalzeit in einem Speiseraum neben der Küche. Ab und zu hatten wir Tischdienst zu leisten und dabei servieren, wir waren überhaupt noch mit allerhand Diensten belastet. Da gab es noch Stubendienst, Waschraum- und Schlafraumdienst, Flurdienst und Kaffeeholer. Die kalte Verpflegung gab es am Abend für morgens mit. Wir kamen aber morgens kaum zum Frühstücken, da wir fast immer einen Dienst auszuführen hatten.

Nach der Weihnachtszeit hatten wir in unserem Schlafraum einen eingerahmten Spruch aufgehängt, "Einer spinnt immer". Das hat gleich der Feldwebel auf sich bezogen und mußte gleich wieder verschwinden.

Wenn wir vom Schießstand zurückkamen, hatten wir die Übungen 250m liegen aufgelegt oder 200m liegen freihändig des öfteren geschossen, später auch die schwerere Übung 100m stehend freihändig. Da wurden auch mehrere Fahrkarten geschossen. Die 88er Munitionskisten mit den leeren Hülsen mußten auf dem Rückmarsch von den Fahrkartenschützen transportiert werden. Sie mußten zu zweit die Kiste tragen und im Straßengraben laufen. Dann kam dabei das Kommando "Tiefflieger von links" oder "Tiefflieger von rechts", was nichts anderes bedeutete als wie "Hinlegen". In unserer Garnison war auch eine Reithalle und ein Reitplatz mit Parkur. Die Offiziere unserer Schule verfügten jeder über zwei Reitpferde, die auch des öfteren ein Turnier im Springreiten veranstalteten.

Im Februar des Jahres 1943 fährt unsere Kompanie zu einem gefechtsmäßigem Skilehrgang ins Riesengebirge im Gebiet der Tschechei nach Petzer-Aupa und Trautenau. Es war romantisch das zu erleben. Untergebracht waren wir in Petzer in Privatquartieren, bis auf die harte Gefechtsausfbildung. Viele Kammeraden von mir hatten ebenso wie ich noch nie auf einem Skier gestanden. Da gab es sogar Knochenbrüche. Wir wurden einfach auf den Berg gestellt und mußten hinunter kommen, wie war egal. Aber es war eins der schönsten Erlebnisse, die ich in meiner Jugendzeit erleben durfte.

Ende März gleichen Jahres werden wir von Jauer verabschiedet, die Grundausbildung ist abgeschlossen. Als Obergrenadiere gehen wir 14 Tage in Heimat-Urlaub. Die letzte Nacht in Jauer hat unser Stubenältester Waller, ein waschechter Oberbayer, noch seine Abreibung von uns bekommen. Er hat uns ja so oft schikaniert und beim Feldwebel Hadanitzki verpfiffen. Dafür hat er die Abreibung mit dem Koppel, den so-genannten "Heiligen Geist" bekommen.